Nächstenliebe. Schweinefleisch. Muttermilch. Und eine lustige Begegnung: wie ich in Muotathal und Peru Berührendes erlebte.

Zeit für Glückshormone! Für eine Prise Humor! Für Leichtigkeit! Lassen wir den Corona-Wahnsinn einfach mal im Regen stehen und schärfen unser Bewusstsein für das Einfache und Schöne im Leben. Wir Menschen sind alle miteinander verbunden. Und oft, in besonderen wie auch alltäglichen Momenten, spüren wir das glücklicherweise auch. Heute erzähle ich hier von solchen Erlebnissen.

Beim Stillen habe ich vielfältige Erfahrungen erleben dürfen. Zum Beispiel, als eine Frau im Tibits in Luzern zu meinem Mann und mir sagte: „Bei ihnen wäre ich auch gern Kind gewesen.“ Das war eines der schönsten Komplimente, das ich je bekam. Oder die ältere Frau in einem Café, die mir beim Vorbeigehen mitteilte: „Sie sind eine wunderbare Mama.“ Sie hatte mich beobachtet, wie ich das Geschrei der kleinen Tochter und das Quengeln der grossen Tochter äusserlich ruhig (innerlich nervös) meisterte. Es war nur ein Satz, aber in diesem Moment tat er unglaublich gut. Sowieso bin ich der Meinung, wir Mütter sollten uns gegenseitig mehr loben und Verständnis füreinander haben. Und ja, das tue ich inzwischen auch. Ich sage das Schöne, was ich fühle. Nicht nur Müttern, auch anderen Menschen. Meistens löst es beim Gegenüber ein Strahlen aus. Für mich ist das eine Form von Nächstenliebe.

Ich habe überall gestillt. Im Bus, im Zug und draussen. Und oft auch im Auto. Eines Tages fuhr ich mit meinem Auto auf einen Platz neben der Muota in Muotathal. Ich lehnte mich nach vorne, um beim Stillen nach der Tochter zu sehen. Ein Muotathaler joggte vorbei. Er hatte vielleicht geglaubt, ich hätte einen Unfall erlitten. Er kehrte wieder um und schaute nach, was los war. Als er mich stillen sah, schmunzelte er. Ich lachte. Was für eine lustige Situation! Doch seine Geste fand ich schön. Beruhigend zu wissen, dass man füreinander da ist und Hilfe bekommt. Ich werde das nie wieder vergessen. Herzlichen Dank Piri Betschart, das war für mich Nächstenliebe!

Eine andere Geschichte spielte in Peru. Ich absolvierte in den Anden ein Freiwilligenprojekt und war auf einer langen Wanderung. Die Peruaner, Kollegen von mir, hatten mir nicht gesagt, dass sie 7 Stunden dauern würde. Ich hatte darum zu wenig Wasser und nichts zu essen ausser Früchte dabei. Der Weg war anspruchsvoll und ich war wütend, dass man mir nicht mitgeteilt hatte, was mich erwarten würde. Wir machten eine Pause und der Lehrer, der auch dabei war, packte seine Verpflegung aus und bestand darauf, sie mit mir zu teilen. Mich plagte ein schlechtes Gewissen, weil ich wusste, dass dieser Mann sehr arm war. Natürlich beschenkte ich ihn später auch wieder. Trotzdem – dieser Moment bleibt mit in besonderer Erinnerung.

Schweinefleisch auf dem Boden
Auch in einem kleinen Andendorf Perus durfte ich Ähnliches erleben. Dort gab es einen Dorfplatz und einige bescheidene Bauernfamilien. Der Chef des Projekts schickte mich dahin, damit ich ein „anderes Peru“ erleben konnte. Das war eine der besten Erfahrungen in meinem Leben. Warum? Weil die Menschen sich jeden Morgen auf dem Dorfplatz versammelten und philosophierten. Diese Menschen hatten keine Computer, keine Handys, kein Fernsehen, nicht mal ein Telefon. Kommuniziert wurde abends über Funk. Die Menschen lebten in ihren kleinen Hütten und besassen in der Regel einige wenige Tiere. Es gab auch kein Spital und keine Ärzte, sodass sie zum Beispiel eine Schwangere in den Wehen 3 Stunden über Stock und Stein zum nächsten Dorf tragen mussten.
Es existierte keine Ablenkung, man lebte einfach Tag für Tag miteinander. Und das war für mich so eine Bereicherung. Reden, Lachen, Fussball spielen, Kühe und Esel holen und früh ins Bett mit den Flöhen (ja, ja, aber das wäre aber eine andere Geschichte).
In diesem Dorf lernte ich eine sehr alte Frau kennen. Sie hatte fast keine Zähne mehr und sie konnte auch kein Spanisch. Trotzdem lud sie mich zu sich ein. Wir kommunizierten über Körpersprache, Mimik, Gesten. Das war lustig! Sie kicherte oft wie ein vergnügtes Kind, was mich wiederum zum Lachen brachte. Sie sass auf dem Lehmboden und bot mir Schweinefleisch an. Es war noch früh am Morgen, und das Fleisch war sehr schmutzig. Ich wollte es wirklich nicht essen! Doch die liebe Frau machte mir damit ein Geschenk, sie teilte da Wenige, das sie besass, mit einer Ausländerin wie mir. Also nahm ich zwei kleine Stücke. Ich musste einen komischen Gesichtsausdruck gemacht haben, denn die Frau kicherte wieder. Trotz meiner Bedenken: das Fleisch schmeckte gut.

Nur eine Orange!
Über das Schenken habe ich mir schon viele Gedanken gemacht. Schenken, auch ohne Anlass, ist für mich eine weitere Form von Nächstenliebe. In Luxor begegnete ich vor über 20 Jahren einem ägyptischen Buben. Er muss um die 5 Jahre alt gewesen sein. Ich war auf einem Spaziergang und lief weit, bis ich ausserhalb der Stadt war. Dort beobachte ich die Bauern bei ihren Arbeiten und ein Bub bemerkte mich. Er rannte zu mir und schaute mich mit seinen grossen, schönen Augen an. Normalerweise hatte ich für solche Momente Süssigkeiten dabei, an diesem Tag leider nicht. Ich sah in meinem Rucksack nach, ob es da noch etwas Essbares gab und entdeckte eine einzige Orange. Ich fragte mich kurz, ob es nicht lächerlich sei, jemandem eine Orange zu schenken. Dann nahm ich sie jedoch heraus und hielt sie dem Buben vor seine Hände. Er starrte mich an, als hätte ich ihm ein Ufo gezeigt! Vorsichtig nahm er sie, sagte etwas, das ich nicht verstand, und lief damit jauchzend davon. Für mich war es bloss eine Frucht, für ihn vielleicht eine Mahlzeit?

Menschen, die für mich gute Vorbilder in Nächstenliebe sind:

Nadine Hudson, sie ist voll von Liebe, konnekt.ch,
Sonja Betschart, Goldau, Freundin fürs Leben
Marianne und Bill Thomson, für mich zwei Engel
Bruno Suter, Wirt vom Restaurant „Höllgrotte“ in Muotathal, ein wunderbarer Menschenfreund
Brigitte Hartmann, Schwyz, sie schenkt anderen so viel Zeit, Inspiration und Hilfe
Mariegabrielle von Weber, Hebamme aus Schwyz, eine besondere Frau, ein Geschenk für die Welt
Mona Achermann, Kosmetikerin aus Brunnen, weise Frau mit riesigem Herz für die Menschen

Welche Form von Nächstenliebe hast Du erleben dürfen?